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Hauptmann, Moritz (1792-1868)

Eigenhändiger Brief an Julius Rietz, Leipzig 24.08.1860 über seine Messe, Männerchöre, die herausragende Stellung von Rietz in Dresden und ein gewaltiges Unwetter in Leipzig.

Leipzig, 24.08.1860

EUR 380,00

21x14 cm, 4 Seiten auf Doppelblatt, eng beschrieben.

Umfangreicher Brief an den Freund und ehemaligen Kollegen am Leipziger Konservatorium, der in diesem Jahr den Ruf als Hofkapellmeister nach Dresden erhalten hatte und am 23.9.1860 eine Messe von Hauptmann aufführte. Hauptmann bespricht Urlaubsgepflogenheiten (5-wöchiger Sommerurlaub in Bad Alexandersbad), aufführungspraktische Hinweise für seine Messe, wobei er Rietz freie Hand für kleine nötige Einrichtungen läßt:: "Was hierbei das Benedictus und die Wiederholung des Hosanna betrifft, so glaub ich macht für alles zum besten, wenn Sie es wie es Ihnen gut dünkt u. ich lege es am Liebsten ganz in Ihre Hand, um so lieber als ich nicht glaube, daß Sie viel Mühe mit dem Arrangement haben. [...] Ich richtete meinem Hornisten Sassoroni in Kassel einmal ein Concert, dazu er die Soli sich gemacht hatte, ein u. war mitunter genöthigt, seine Sätze etwas zu trennen durch Pausen, der Melodien wegen. Da ich um seine Genehmigung dazu fragte, antwortet er mir: ogni piccola pausa che ci mette, e un angelo che dicende dal cielo. Und so werde ich zu Ihnen sagen ogni nota che ci mette e u.s.f.". Hauptmann berichtet auch von einer Willkommensdemonstration in Dresden für Rietz auf der Brühler Terrasse, angeführt von Salomon Jadassohn (1831-1902), Pianist und Komponist, ab 1871 Professor am Konservatorium in Leipzig. studierte in Leipzig bei Rietz und Hauptmann, Hauptmann widmete er 1858 sein Streichquartett op. 10, Rietz 1861 seine 1. Symphonie op. 24): "J. sagte noch, mich wundert auch, daß wenn Rietz ausgeht, nicht zu seinen beiden Seiten ein Kammermusicus mit dem Rauchfaß ihn begleiten, denn sie adoriren ihn." Ein Hinweis auf soeben gedruckte neue Männerchöre des 68-jährigen Hauptmann illustriert seinen feinen selbstironischen Humor: "Es werden jetzt zwei Hefte Männerchor-Lieder von mir gedruckt, die ersten, die ich gemacht habe: Ein junger Mensch muß alles versuchen. Ich bin schon manchmal um solche Lieder angegangen worden: Vielleicht lassen sie es nun gut sein und wünschen sich 'meine entferntere Bekanntschaft'. Neulich schloss eine lobende Recension eines Liedeheftes mit den Worten: 'man wird das Heft mit Vergnügen aus der Hand legen'." Beeindruckend auch die drastische Schilderung des großen Hagel-Unwetters in Leipzig zwei Tage zuvor (27.8.1860): "Von faustgroßen Hagelstücken wird übertreibungsweise viel gesprochen. Wenn sie einem aber durch die geschlossenen Fenster auf einmal scharweis ins Zimmer fliegen mit einer Schusskraft bis an die andere Wand, daß man nur schnell die Tür suchen muß, um aus der Lebensgefahr zu kommen, und draussen hören, wie im Zimmer mehr zerschlagen und zerschmissen wird - da ists gut, daß es nicht alle Tage so kommt. [...] Von heut ziehen fremde Glaser ein, weil sonst kein Absehen wäre." - Inklusive kompletter Transkription.

Item ID : 15105