Berg, Helene (1885-1976)
Zwei eigenhändige Briefe signiert, mit Kuverts, an Agathe Galvagni, 10. 8. 1969 und 23. 9. 1974. - (1) Über die Alban-Berg-Ausstellung in Ossiach 1969, die weitere Entwicklung des Berg-Hofes, und den Tod von Theodor W. Adorno (ehemals Schüler von Alban Berg). - (2) Über Altersbeschwerden und eine Wetterkatastrophe. - Dazu ein Zeitungsausschnitt von 1988 über die Provenienz und Auktion dieser Briefe. - Beiliegt von Th. W. Adorno "Philosophie der Neuen Musik" (1949) im Erstdruck.
Auen/Kärnten, 1969, 1974
30x21 und 21x15, je 2 Seiten, 2 Kuverts (1 Kuvert fleckig), Zeitungsausschnitt Wiener Zeitung 30.10.1988, S. 6. - Beilage: Buch 24x16 cm, VII, 144 Seiten Originalkarton, Seiten gebräunt, Altersspuren.
Helene Berg (1885-1976), geb. Nahowski, uneheliche Tochter von Kaiser Franz Joseph und Ehefrau von Alban Berg (1885-1935). Als Alleinerbin und Verwalterin der Autorenrechte gründete sie 1969 die Alban Berg-Stiftung Stiftung, die sich der Pflege des Andenkens an den Komponisten widmet, wissenschaftliche Arbeiten ermöglicht und herausgibt sowie Stipendien für Musikstudierende vergibt. - Beide Briefe aus Kärnten an ihre Wiener Nachbarin und Freundin Agathe Galvagni, der erste Brief aus dem Jahr der Gründung der Alban-Berg-Stiftung 1969: "Die Ausstellung in Ossiach ist recht hübsch geworden und das Konzert war in einem kleinen Barock-Saal, statt in der Kirche. Kannst Dir vorstellen wie froh ich darüber war! Weniger erfreut war ich über meinen Neffen E. A. Berg, der sich als Hauptperson fühlte. Die Gedenktafel auf Berghof ist sehr gut ausgefallen aber - leider - ist das Haus ein ganz ordinäres Land-Wirtshaus geworden, wo viele, viele hunderte Campingleute essen. Ringsherum hunderte von Zelten und Autos, ein ganzes Heerlager. Von der Poesie des Platzes ist nichts mehr übrig (...) Der Tod meines lieben, alten Freundes Prof. Dr. Adorno (Schüler Albans) ist mir sehr nahe gegangen, er starb plötzlich, an einer Herzattacke, war erst kurz mit seiner Frau 'auf Urlaub'. Der Kreis der 'getreuen Menschen' wird immer kleiner, wenn man so uralt ist, wie ich." - Der zweite Brief der mittlerweile 89-Jährigen über Altersbeschwerden und Sorgen nach einem heftigen Unwetter. - Zur Provenienz siehe die Zeitungsbeilage mit einem Vorbericht der Auktion dieser Briefe in Wien, 15.11.1988. - Theodor W. Adorno kam 1925 nach Wien, studierte bei Alban Berg Komposition und "genoss die sinnliche Lebensfreude der Donaumetropole, inklusive 'vorsichtig erprobter Liebschaften'" (Müller-Dohm, zit. nach Wikipedia). Zu Berg entwickelte er eine freundschaftliche Beziehung, mit einem intensiven Briefwechsel bis zu dessen Tod 1935. In seiner 1949 veröffentlichten "Philosophie der Neuen Musik" zeigt er sich allerdings durchaus auch kritisch über Bergs 'rückwärtsgewandte' Verwendung der Zwölftontechnik in "der Simplizität des Violinkonzert ... Zu bequem ist die Transparenz, und die einfache Substanz wird überbestimmt durch ein ihr äußerliches Zwölftonverfahren. Die Dissonanz als Zeichen für Unheil, die Konsonanz als Zeichen für Versöhnung sind neudeutsche Relikte. ... Einzig Bergs außermusikalische Kraft konnte über diesen Bruch hinwegtragen ... [die] dessen Unzulänglichkeit in den Ausdruck schrankenloser Wehmut" verwandelt. (Adorno, Philosophie der Neuen Musik, S. 71).